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Die Zukunft ist da. Aber ist sie auch sprachsensibel? ChatGPT und Künstliche Intelligenz im ZuBaKa-Unterricht

Ein Chatbot, der nicht mehr wie eine hölzerne Maschine klingt, sondern flüssige Gespräche ermöglicht - das in etwa (und noch mehr) ist ChatGPT. Seit seiner Veröffentlichung vor wenigen Wochen ist das neue Chat-Programm von OpenAI in aller Munde - und damit auch die Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz. Von ungeahnten Möglichkeiten und bedrohten Jobs ist die Rede, wenn Technologien wie die vom Chatbot bald ganze Branchen überflüssig machen könnten. Mit ChatGPT und anderen neuesten Beispielen für Künstliche Intelligenz deutet sich ein Paradigmenwechsel an, welcher der jungen Generation komplett veränderte Fähigkeiten abverlangen wird. Dass dieses brandaktuelle Thema in jeglichen Klassenzimmern behandelt werden muss, steht außer Frage. Doch wie kann ein Gespräch darüber mit Schüler*innen gelingen, die mit ihren Deutsch-Kenntnissen noch ganz am Anfang stehen? ZuBaKa-Scout Naim vom Baustein Mitmachen & Durchstarten hat den Start gewagt.

 

Er selbst sei absolut fasziniert vom neuen Chatbot, gesteht Naim direkt zu Beginn seiner Erzählung und lacht. Wenn er spricht, strömt die Begeisterung aus all seinen Worten. Nur logisch, dass er geradezu darauf brannte, das Thema auch mit seinen deutschlernenden Schüler*innen zu besprechen. Mitmachen & Durchstarten, der Titel des Bausteins, bezieht sich schließlich nicht nur auf das, was im Unterricht passiert, sondern auch draußen in der Welt. Da ChatGPT jedoch erst seit Kurzem existiert, gibt es bislang kaum Unterrichtsmaterial dazu. Geschweige denn solches, das sprachsensibel aufbereitet ist. Scout Naim musste sich also selbst etwas einfallen lassen.

 

Unterrichtsplanung zum Thema ChatGPT — mithilfe von ChatGPT

Auch wenn sich Naim dagegen entschied, einen von ChatGPT ausgespuckten (und verblüffend detaillierten) Stundenverlaufsplan zu verwenden: Der Chatbot war nicht nur Thema, sondern auch Tool von Naims sprachsensibler Unterrichtsplanung. Um die Grundidee von Künstlicher Intelligenz zu vermitteln, ließ er den Chatbot etwa selbst zu Wort kommen - auf allen Herkunftssprachen der Schüler*innen. Und auch um die Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz darzustellen, wies er ChatGPT an, einen entsprechenden Text zu formulieren - und zwar in einfacher Sprache. Das klappte laut Aussage Naims mehr oder weniger gut, doch eine brauchbare Ausgangslage bot es allemal. Und obwohl der Text noch etwas sprachsensiblen Feinschliff benötigte (z.B. durch Bilder und zusammenfassende Stichpunkte): Lesematerial, das eine Lehrkraft im Zusammenspiel mit einer Künstlichen Intelligenz kreiert, ist wohl beeindruckender als ein herkömmlicher Lehrbuchtext es jemals sein könnte. 

 

Um aber nicht nur über Künstliche Intelligenz zu sprechen, sondern ihre verblüffenden Potenziale auch im Hier und Jetzt zu spüren, braucht es mehr als nur Texte. Es braucht eine Erfahrung. Und die schaffte Naim gleich zu Beginn seiner Einheit.

 

Überraschungsbrief von Unbekannt

Am Anfang der Stunde begrüßte Naim seine Schüler*innen mit einem anonymen Brief, der ganz eindeutig an die Klasse gerichtet war. Der oder die Absenderin wusste genau, wie schwer es die Schüler*innen nach dem Weggang der ehemaligen Klassenlehrerin hatten - und wie beeindruckend sie mit dieser Herausforderung umgegangen sind. Es war ganz klar, dass der oder die Schreiber*in stolz auf jede*n Einzelne*n in der Klasse war. Doch von wem stammten diese warmherzigen Zeilen? Die Schüler*innen stellten Vermutungen an. Es musste irgendjemand sein, der*die sie gut kannte. Doch als Naim die Auflösung des Rätsels präsentierte, war die Verblüffung groß: „Diesen Brief hat ein Programm geschrieben!“ Naim lacht noch immer, als er an diesen Moment zurückdenkt. Damit hatte er einen partizipativen Einstieg ins Thema geschaffen, der die beeindruckende Stärke von ChatGPT erfahrbar auf den Punkt bringt: menschenähnlich auf Fragen und Befehle zu reagieren. Im Fall der anonymen Zeilen lautete der Befehl im Vorfeld der Unterrichtsstunde etwa „Schreibe einen netten Brief an meine Klasse“. Auf welche Dinge der Brief Bezug nehmen sollte (z.B. die Herausforderung durch den Weggang der Klassenlehrerin), spezifizierte Naim in einem weiteren Satz, den er in den Befehl integrierte. Dann ein einziger Klick - und der Chatbot generierte in Windeseile genau ebenjenen anonymen Brief, der die Schüler*innen zunächst zum Rätseln, dann zum Staunen brachte. Diesen Chatbot wollten die Schüler*innen natürlich auch selbst einmal ausprobieren. Denn auch wenn ChatGPT dieser Tage und Wochen ein beliebtes Gesprächsthema in den klassischen und sozialen Medien ist: Laut Naims Einschätzungen hatten die Schüler*innen vorab kaum Berührungspunkte mit dieser neuen Künstlichen Intelligenz. 

 

Im Gespräch mit dem Chatbot - und dann?

Zugegeben, es ist schon verblüffend genug, dem Chatbot dabei zuzusehen, wie er eine Echtzeit-Antwort ausgibt: Ein Wort reiht sich flink ans andere, ganz so als wäre da irgendwo jemand, der Buchstabe für Buchstabe auf einer Computertastatur antippt, ab und zu nachdenkend innehält, und dann weiter schreibt. Selbst die Antworten auf die simpelsten Fragen („Wie wird das Wetter morgen?“) werden da zum Highlight. Als ein Schüler den Chatbot nach den besten Ausflugszielen in der Türkei, seinem Herkunftsland, fragt und kurz darauf eine überzeugende Antwort erhält, ist die Freude groß. Wow, der Chatbot kennt meine Heimat!? Doch bei all dem Vergnügen, das seine Schüler*innen beim Ausprobieren von ChatGPT verspüren, zeigt sich für Naim: Die jungen Leute nutzen die Künstliche Intelligenz noch ziemlich unbedarft. Angesichts ihres allerersten Kontakts mit ChatGPT ist das natürlich verständlich. Doch das gesamte Potenzial dieser Technologie zeigt sich erst, wenn die eigenen Fragen und Textbefehle etwas tiefer bohren. Dass der Chatbot etwa jegliche Antwort auch in Gedichtform geben könnte - und zwar in Windeseile; dass er programmieren kann; dass er mittlerweile sogar akademische Prüfungen besteht; und was das alles letztlich für die Zukunft unserer Gesellschaft bedeutet - all das scheint die Schüler*innen, die Naim gegenübersitzen, noch nicht zu belangen. Was jetzt noch folgen muss, sind vertiefte Auseinandersetzungen mit dem Chatbot, weiß Naim. Doch es war ja auch erst ein Anfang. Und der wurde nun immerhin gemacht.

 

Das Hessische Kultusministerium und die Merck Family Foundation fördern den ZuBaKa-Baustein Mitmachen & Durchstarten im Rahmen der Initiative “Löwenstark - Der BildungsKICK”.

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