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Scout-Einblick: Diskutieren trotz Sprachbarrieren? Los geht’s!

Die grundlegende Choreographie eines jeden Unterrichts hat sich seit Generationen kaum verändert: Die Lehrkraft stellt eine Frage, die Schüler*innen haben sie zu beantworten. Und zwar richtig. Doch was, wenn in der Schule plötzlich nicht mehr bloß nach der „korrekten Antwort“, sondern den eigenen Gedanken gefragt wird? Und das auch noch in einer Sprache, die man selbst gerade erst lernt? Unvorstellbar? Anabel Bormet und Thu Hang Duong aus dem ZuBaKa-Baustein Demokratie & Teilhabe berichten vom Gegenteil.

 

Tiefgründige Diskussionen mit Sprachanfänger*innen: das richtige Material macht’s möglich

„Ich glaube, es ist bei allen Scouts ganz gut gelaufen“, resümiert ZuBaKa-Trainee Anabel erleichtert über den Einstieg ins Thema Kinder- und Jugendrechte, den die Scouts gerade in ihren Klassen umgesetzt haben. Warum Anabel das so zufrieden stimmt? Sie ist dafür verantwortlich, dass die Scouts für jeden Themenblock mit didaktischem Werkzeug ausgestattet werden: Methoden, Übungsblätter, Spiele, Exkursionstipps … - mit allerlei Tipps zur Überwindung von Sprachbarrieren. Für solche Sammlungen recherchiert Anabel nicht nur bereits vorhandenes Material, sondern entwirft auch eigenes. „Bildkarten sind zum Beispiel ein wichtiges Tool“, erklärt sie. Sie kamen auch in der Einführungsstunde zum Thema Kinder- und Jugendrechte zum Einsatz. 

 

Im Mittelpunkt dieser Stunde stand die Überlegung, was Kinder und Jugendliche für ein glückliches Leben brauchen. Nachdem die Schüler*innen diese Frage selbständig in ihre Muttersprache übersetzten, erfolgte eine Einteilung in Kleingruppen, innerhalb derer sie nach Antworten suchten. Um die Gespräche inhaltlich wie sprachlich zu unterstützen, diente ihnen ein Stapel voll Bildkarten als Grundlage. Auf ihnen waren gängige Bedürfnisse, aber auch Wünsche dargestellt: sauberes Trinkwasser, Schutz vor Gewalt, Urlaub, ein Haustier, … Innerhalb der Kleingruppen einigten sich die Schüler*innen nun auf fünf Bildkarten, die ihrer Meinung nach am bedeutungsvollsten für ein glückliches Leben von Kindern und Jugendlichen sind. Der*die anwesende Scout lief dabei von Tisch zu Tisch, hörte zu und lieferte weitere Diskussionsimpulse: Was ist wichtig, damit ein Kind eine gute Zukunft hat?; Was ist, wenn ein Kind krank ist?; Ist ein Haustier ein toller Wunsch oder wirklich wichtig? 

 

Nach der Präsentation der Ergebnisse dann die Auflösung: “Die Schüler*innen sollten erfahren, dass viele der genannten Bedürfnisse, die Kinder und Jugendliche für ein glückliches Leben brauchen, in Rechten festgeschrieben sind. Und die gelten für alle Kinder und Jugendliche in allen Ländern - auch für sie selbst”, erklärt Anabel. 

 

 

Für manche Klassen war es das erste Mal, dass sie sich mit Kinder- und Jugendrechten auseinandergesetzt hatten, für andere war es eine Wiederholung. Dennoch: “Alle haben ganz gespannt zugehört und die Ernsthaftigkeit des Themas verstanden. Und das Stundenfeedback, das ich mir nach jeder ZuBaKa-Einheit bei den Schüler*innen einhole, war so gut wie nie zuvor”, berichtet Anabel über ihre Erfahrungen in ihren beiden Intensivklassen. 

 

Kinder- und Jugendrechte als fesselnder Gesprächsstoff im Klassenzimmer

 

Auch ZuBaKa-Scout Hang schlägt begeisterte Töne an, als sie von ihrer Einstiegsstunde ins Thema Kinder- und Jugendrechte erzählt: “Die Schüler*innen wollten gar nicht aufhören, zu diskutieren! Und es wurde auch schon richtig tiefgründig. Eine Schülerin hat zum Beispiel ihre Frustration darüber zum Ausdruck gebracht, dass Kinder- und Jugendrechte zwar eine schöne Idee sind, aber eben nicht überall die Realität darstellen.” Auch die Erfahrungen aus den Heimatländern treiben die Diskussionen voran. Als ein Schüler zum Beispiel äußerte, er glaube nicht daran, dass alles Essen auf der Welt gerecht aufgeteilt werden könne, erinnerte sich ein anderer an den Kommunismus in seinem Heimatland China. Gemeinsam sprachen sie dann über die Unterschiede zur Demokratie und überlegten, was davon Vor- und Nachteile sein könnten. 

 

Die eigene Meinung äußern - und daran wachsen

Dass sich die Schüler*innen so rege an den Diskussionen beteiligen, überrascht sogar manche Lehrkräfte. “Sie sagen mir, dass sie die Schüler*innen in den ZuBaKa-Einheiten viel offener und aktiver wahrnehmen als im regulären Unterricht”, erzählt Hang. Sie freut sich auch darüber, dass einige Schüler*innen im Laufe des Schuljahres ihre anfängliche Schüchternheit abgelegt haben und die ZuBaKa-Stunden als Raum zur Persönlichkeitsentfaltung nutzen: “Ich hab das Gefühl, dass sich die Schüler*innen in unseren Einheiten sicher fühlen und merken, dass sie sagen können, was sie denken. Ich kann mir vorstellen, dass das auf die eine oder andere Weise eine neue Erfahrung für sie ist.” 

 

Aber ja, anspruchsvolle Themen so zu besprechen, dass sich Deutschlernende aktiv daran beteiligen können - es bleibt immer wieder eine Herausforderung. Hang erzählt jedoch, dass sie die wöchentlichen Scout-Meetings sowie die didaktischen Inputs von Anabel als absolut wertvoll empfindet: “Ganz allein würde ich das nicht so hinbekommen. Von daher ist es wirklich wichtig, dass es so viel Austausch und Unterstützung für uns Scouts gibt.” Am Ende ist es doch wie immer: So vieles scheint unmöglich - bis es einfach jemand macht. Und umso besser, wenn “jemand” dabei nicht alleine ist. 

 

Der Zukunftsbaustein “Demokratie & Teilhabe” wird gefördert vom Hessischen Kultusministerium.

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