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“Ich versteh’ den Geschmack von Reis einfach nicht.” -- Zu Gast beim Feriencamp im ZuBaKa-Baustein Schulabschluss

Eine Horde Teenager, die sich in den Ferien zum gemeinsamen Lernen breitschlagen lässt - und das obwohl man sich untereinander größtenteils noch nicht einmal kennt? Um auch nur erahnen zu können, wie das aussieht, muss man wohl selbst dabei gewesen sein - oder man lese diesen Artikel. Er stammt von Uli, die das wohlig-warme ZuBaKa-Nest im Backoffice für einen Tag lang verließ, um ein bisschen "wildere" ZuBaKa-Luft zu schnuppern: Willkommen im Feriencamp des Bausteins Schulabschluss. 

 

Es ist der erste Donnerstag im neuen Jahr. Ganz ehrlich: Hätte ICH heute die Wahl gehabt zwischen zur-Arbeit-Gehen oder Netflix-Gucken... Die Entscheidung wäre mir denkbar leicht gefallen. Irgendwie will heute nichts so richtig in Schwung kommen. Noch zu träge. Zu kalt. Zu Januar. Ich erwische mich bei dem Gedanken, dass mein Teenager-Ich vermutlich NOCH weniger davon begeistert gewesen wäre, jetzt das Haus zu verlassen. Und dann auch noch um zu LERNEN. In den FERIEN. Mit FREMDEN Menschen!! Meine Skepsis meldet sich und ich frage mich, wie viele Schüler*innen ich heute überhaupt im JUZ Gallus antreffen werde. Dort läuft an diesem Donnerstag der dritte Tag des Schulabschluss-Feriencamps von ZuBaKa - maßgeschneidert für Neuntklässler*innen, die in wenigen Monaten ihre Hauptschulprüfungen schreiben und dafür noch etwas Endspurtunterstützung gebrauchen können. Auch wenn das alles sicher total sinnvoll ist: Ich kann mitleidig erahnen, wie schwer es die ZuBaKa-Scouts gehabt haben müssen, Schüler*innen davon zu überzeugen, in ihren Ferien Mathe, Deutsch und Englisch zu lernen… Doch bei aller Januar-Trägheit: Ich bin auch ziemlich neugierig auf das, was mich heute erwartet.

 

Als ich im JUZ Gallus ankomme, öffne ich die Tür, gehe ein paar Schritte in den Raum hinein und sehe: Tischkicker, Couch-Ecke, Snacks und Getränke auf einem großzügig angerichteten Tisch, Luftballons, Girlanden, Deko-Spuren der kürzlich zurückliegenden Weihnachtszeit, jede Menge Grünpflanzen und: eine Flut von hell strahlendem Tageslicht! Der Fensterfront sei Dank. Ich bin überrascht, wie freundlich ich mich empfangen fühle. Selbst die im Raum thronende Flipchart ("Agenda") kann ich ignorieren - und das obwohl ihre bloße Anwesenheit ja immer irgendwie suggeriert, dass Dinge zu erledigen sind und man schließlich nicht zum Spaß hier ist. Doch mein Gehirn scheint diesen Part auszublenden und sich lieber an all den anderen Sachen zu erfreuen. Der Helligkeit. Der freundlichen Einrichtung. Der Snack-Bar. Kurz kommt mir der Gedanke, dass es für Neuntklässler*innen vielleicht doch gar nicht so übel ist, hier die Ferienzeit zu verbringen, als mir auffällt: Wo sind sie denn überhaupt? Um mich herum: gähnende Leere. Yousra, die pädagogische Leitung im Baustein Schulabschluss, klärt mich auf: "Gerade läuft noch die Lerneinheit. Willst du mal schauen?" Klar, will ich.

 

Lobgesang auf die ZuBaKa-Scouts

Yousra führt mich eine Etage tiefer. Diese paar Stufen scheinen die Arbeit vom Vergnügen zu trennen, denke ich mir. Wir steuern gemeinsam auf die Tür des Lernraums hinzu, hinter der ich ein paar gequält dreinblickende Teenager vermute. "Heute ist die Deutsch-Einheit. Gestern war Englisch und vorgestern Mathe", erzählt Yousra kurz bevor sie mir die Tür einen Spalt breit öffnet, um mir einen Eindruck zu vermitteln. Und der ist: Verblüffung! Der kleine Raum ist voll! Acht Schüler*innen! Die perfekte Größe für eine Lerngruppe. Keiner der Jugendlichen bemerkt überhaupt, dass ich schaulustig durch den Türspalt hervorluge. Ihre Blicke sind zur Tafel gerichtet. Dort stehen die Scouts Pauline und Philipp. Sie werten die heutige Stunde aus und verteilen Abschluss-Fragebögen. Auf ihnen sollen die Schüler*innen die persönlichen Aha-Momente der Deutsch-Einheit festhalten. "Kann ich das auch leer lassen?", fragt einer der Teilnehmenden und hofft wohl, sich die Schreib- und Reflexionsarbeit sparen zu können. Doch Scout Philipp weiß ihn zu ermutigen: "Wenn du das leer lässt, würde das ja bedeuten, dass du heute nichts gelernt hättest! Aber ich hab ja GEMERKT, dass du was gelernt hast!" Ich bin beeindruckt. Womöglich gibt es Lehrpersonen, die den Schüler für seine scheinbare Bequemlichkeit tadeln würden. Philipp schafft es stattdessen, ihn für seine bisherigen Lernanstrengungen zu loben und ihn über diesen Weg zum Ausfüllen des Abschluss-Fragebogens zu motivieren. Mit Erfolg. In diesem Moment spüre ich einen regelrechten Stolz darauf, dass Empowerment und Stärkenfokus so groß geschrieben werden bei ZuBaKa. Es macht eben tatsächlich einen Unterschied. Ich liebe die Scouts. <3

 

An die Töpfe, fertig, los!

Die Schüler*innen packen zusammen. Lerneinheit geschafft. Jetzt geht der Vergnügungsteil los! Heute steht gemeinsames Kochen auf dem Programm. Das Rezept wurde eben in der Deutsch-Einheit passenderweise schon als Lückentext bearbeitet: Reis mit Gemüse. "Am Ende stand aber, es wird nicht schmecken!", scherzt einer der Teenager. Ich muss lachen. Überhaupt bringen mich die Teilnehmenden mit ihren Sprüchen häufig zum Schmunzeln. Zum Beispiel als eine Schülerin ihre Meinung zum heutigen Mittagessen kundtut: "Ich versteh' den Geschmack von Reis einfach nicht." Zugegeben, das Rezept findet nicht allzu viel Anklang unter den Jugendlichen. Leidenschaftlich vorgetragene "Hmmmm, lecker!"-Ausrufe sind hauptsächlich ironisch gemeint. Aber beim gemeinsamen Schnibbeln und Köcheln sind alle dabei - manche mehr, manche mittelmäßig ambitioniert. Die weitestgehend stumpfen Messer machen das Karottenschneiden durchaus zur Challenge, aber sie packen eben auch den Ehrgeiz. Die meisten Schüler*innen geben zu, nur selten am Herd zu stehen. Einer jedoch äußert einen Gedanken, mit dem ich mich selbst nur allzu gut identifizieren kann: "Ich koche gerne, es schmeckt nur nicht!" Schon wieder muss ich lachen und bin richtig froh, mich heute doch nicht meiner Netflix-Lethargie hingegeben zu haben.

 

Das scheinen auch die Teilnehmenden so zu fühlen. Ich entdecke eine Dreiergruppe an lachenden Mädels, die wie beste Freundinnen wirken. Dass sich diese Konstellation erst vorgestern formierte, sieht man ihr nicht an. Die acht Teilnehmenden, die heute da sind, stammen von sechs verschiedenen Schulen. Auch wenn sich also der Großteil der Jugendlichen untereinander nicht kennt, erinnert mich die Dynamik an die typischen Pausenhofmomente. Im positiven wie im negativen Sinne. Denn ja, es gibt vereinzelt auch gemeine Sprüche. Was damit bezweckt werden soll? Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es ein Versuch, sich stark zu fühlen - immerhin richtet sich das Angebot des ZuBaKa-Bausteins Schulabschluss vor allem an diejenigen, die bisher noch nicht ganz so viele schulische Erfolge feiern durften. Vielleicht ist bei einigen da der Reiz gegeben, sich auf anderem Weg bedeutungsvoll zu machen. Die Wichtigkeit eines positiven und unterstützenden Miteinanders erkennen die Scouts jedenfalls - und intervenieren, heitern auf und werten anschließend auch aus, wie sie mit solcherlei Momenten in Zukunft noch besser umgehen können.

 

Doch nach der kleinen Abschlussrunde am Nachmittag wirkt es, als würden die Schüler*innen vor allem mit positiven Erinnerungen an den Tag nach Hause gehen. Ans gemeinsame Tischkickern. Ans gemeinsame Schnibbeln. Und an die gemeinsam zum Ausdruck gebrachte Abneigung gegen Reis und Gemüse. Sowas verbindet schließlich auch. Und beim nächsten Mal gibt's bei ZuBaKa ja vielleicht Pizza. ;-) Das nächste Schulabschluss-Feriencamp steht jedenfalls schon im Kalender: In den Osterferien wird es so weit sein. Das Team schätzt, dass sich dann sogar noch mehr Teilnehmende anmelden werden. Immerhin sind das die letzten Ferien vor den Hauptschulprüfungen - und die stehen im neunten Schuljahr schließlich im Mittelpunkt.

 

Vielen Dank an das gesamte Feriencamp-Team im Baustein Schulabschluss! Ihr habt nicht nur Organisationstalent bewiesen, sondern auch gezeigt, wie sehr euch die Schüler*innen am Herzen liegen. Herzlichen Glückwunsch zu diesem großartigen Jahresauftakt!

Das Hessische Kultusministerium und die Merck Family Foundation fördern das Projekt im Rahmen der Initiative “Löwenstark - Der BildungsKICK”. 

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